Bildung und Unterhaltung am Feld mit der Solawi Walz

Drei Stunden mit Andreas Walz sind ein Erlebnis!

Bildung und Unterhaltung in einem, kurzweilig und bereichernd.

Über die Tastatur kann ich unmöglich die unter freiem Himmel aus der Seele des Fachmanns Andreas gesprochenen Worte eins zu eins weitergeben. Ich möchte mit Euch aber gerne einige von den Einsichten teilen, welche ich am vergangenen Samstag genießen durfte – zusammen mit weiteren aktuellen und künftigen Solawi Walz Ernteteilern aus Erlangen, Weisendorf, Nürnberg und Amberg.

Pünktlich ging es um 10.00 Uhr los: zwischen Kuhstall und Hühnerhäusern auf dem Vollerwerbshof (heißt alles selbst und zwar ständig, beteuert Andreas) der Familie Walz erfuhren wir zunächst die Eckdaten:

Seit 2000 biozertifiziert, zuerst mit Bioland (Bioland Berater damals: Alfred Schaller 🙂 ), seit 2010 mit Demeter. Gleich versichert uns Andreas, „Hofübernahme ist geklärt“, d.h. aktuell in der dritten Generation, wird der Hof künftig mit der vierten Generation weiterleben.

Dann ging es ins Detail: bestehend aus 60 Hektar (= ca. 120 Fußballfelder) samt drei Kooperationsbetrieben betreibt der Hof Mutterkuhhaltung (das bedeutet, die Kälber bleiben bei der Mutter) von ca. 20 Tieren sowie die Haltung von ca. 60-70 Aberdeen Angus Rindern. Die Tiere bleiben immer eine Herde. Jedes Tier kennt Andreas persönlich von Geburt an, denn er ist schon dort als Hebamme dabei. Seine Tiere bekommen ausschließlich Gras als Futter, primär auf der Weide, wo Rinder hingehören. Je nach Jahreszeit kommt Heu oder Heusilage (letztere maximal 10%) zum Einsatz, aber niemals Getreide. Denn Getreide ist kein artgerechtes Futter für Wiederkäuer und verursacht bei den Tieren das Methanergebnis, was zum Mythos „Rinder = Klimakiller“ führt (hier bitte weiterlesen: https://www.bio-walz.de/index.php/unsere-produkte/tierische-produkte/97-rinderzucht bzw. selber recherchieren). Unsere Solawianteile bedeuten für den Hof und die Tiere, dass inzwischen keine Jungtiere (es gibt ca. 20 / 25 Kälber im Jahr) mehr in fremde Hände abgegeben werden müssen. Dies bedeutet, dass die Tiere alle mit Andreas als Hebamme zur Welt kommen und jedes Tier von Andreas bei der Schlachtung begleitet wird. Die Rinder kommen zu einem ortsnahen Metzger der an diesem Tag nur dieses eine Rind schlachtet. Aus älteren Tieren werden Rinderschinken / Salami gemacht, von den Jüngeren kommt das Frischfleisch.

Von den glücklichen Kühen und Kälbern in ihrem „Streuballenbad“ im 60 Jahre jungen Stall gingen wir rüber zu den glücklichen Hühnern und Gockeln. Denn hier sind die Gockel auch mit deren „nur“ 30 Hennen pro Gockel sichtlich zufrieden, auch wenn die Demeterrichtlinie 1 Gockel auf 50 Hennen vorsieht. Frei herumlaufend sind die Hühner in diversen Alterskategorien. Alle kommen aus Österreich, weil die Österreicher einfach viel weiter als die Deutschen sind in Sachen „Bio“, erzählt uns Andreas. Und zwar genauso wie sie schlüpfen, kommen sie an, d.h. gemischt und kein Aussortieren. Und warum dieser Aufwand aus Österreich? Weil die Küken dort nicht gleich bei der Geburt geimpft werden (15-17 Mal!!). Bei Andreas angekommen gibt’s ausschließlich die Impfung gegen Newcastle Krankheit als einmalige Schluckimpfung übers Trinkwasser sowie eine Grundimpfung gegen Erkältungskrankheiten und zwar als Spray übers Gefieder. Bei dem Federvieh werden alle Schlachtungen von Andreas und Michaela direkt am Hof durchgeführt. Liest gerne selber weiter: https://www.bio-walz.de/index.php/unsere-produkte/tierische-produkte/92-eier-und-gefluegel.

Nun war es schon 12 Uhr und das Getreide hatten wir noch vor uns. Ein kurzer Spaziergang zum „Streifenfeld“ und dann ging die Wissensschleuse erst richtig auf.

„Getreide ist eine Wissenschaft für sich“ steht bei Andreas auf seiner Webseite und das habe ich mit ihm mitten im Urgetreidefeld live erlebt. Vor lauter Zuhören und Bestaunen werden meine Notizen gerade hier etwas dünn, dafür gibt es folgende Einleitung auf der Biohof Walz Webseite: https://www.bio-walz.de/index.php/unsere-produkte/getreide/99-alte-getreidesorten.  Für weitere Eigenrecherche bieten meine Notizen folgende Stichwörter: Wawilow / Wawilow Institut.

Grob zusammengefasst bestehen Andreas Altgetreidesorten heute aus Einkorn, Emmer, Hartweizen, Weichweizen, Dinkel (aus dem Jahr 1667 stammend!) sowie Hafer und Roggen.

Alles nur Landsorten, keine Züchtungssorten.

Sein Urgetreideanbau begann mit jeweils einem Gramm Körnern aus der Genbank. Bestehend aus 3 bis 4 Körnern kam dieses Gramm auf ca. einen halben Quadratmeter. Die geernteten Körner kamen dann im nächsten Jahr auf eine etwas größere Fläche. Und im Jahr danach kamen die geernteten Körner wieder auf eine noch größere Fläche. Insgesamt vergehen sieben Jahre in diesem Modus bis zum Erreichen einer Erntefläche mit ca. 400 Halmen pro Quadratmeter, welche dann auch maschinell geerntet werden können. Und zwar mit Andreas Erbmähdrescher, der nur ein bisschen jünger ist als der Kuhstall.

Was auch niemals zum Einsatz auf seinen Feldern kommt ist Gülle. Zum Thema Gülle hat Andreas ein ganz bestimmtes Schimpfwort parat. Lediglich Stallmist kommt auf die Felder, fördert dabei das Insektenleben (daneben sind Blühstreifen tatsächlich nur nebensächlich, versichert uns Andreas) und sorgt für einen Boden, der wahrlich gut genug zum Essen ist.

Von diesem Urgetreide, welches auf diesem Boden weiterlebt, mahlt Andreas das Vollkornmehl auf dem Hof selber. Das Halbweißmehl wird von der traditionsreichen Gailertsreuther Mühle in Floß gemahlen.

Die Hofinfrastruktur wird von der Familie selber gepflegt und gehegt. Das sieht man auch, wenn man vor Ort ist. Als Laie sieht man nicht, daß Andreas einer von nur 4 – 5 Bauern in ganz Deutschland ist, der so mit Getreide arbeitet. Dabei bezeichnet er sich in seinem Oberpfälzisch als „Spinner“. Für mich wirkt er mit seiner Leidenschaft wie Zauberkünstler und Wissenschaftler in einem.

Gegen 13.00 Uhr ging diese Hofführung der Superlative zu Ende, aber die Verbindung zum Demeterhof Walz erfreulicherweise nicht. Denn inzwischen besteht ein wichtiges Standbein am Hof aus solidarischer Landwirtschaft, die Solawi Walz: www.bio-walz.de/index.php/solawi/solidarische-landwirtschaft. So können wir – ob in Amberg, Nürnberg, Erlangen oder gar Weisendorf – teil an den beachtlichen Leistungen dieses Hofs haben, und zwar wertschätzend wie es das Solawi-Konzept ermöglicht. Ein abschließendes Zitat von Andreas: „Am Biohof Walz arbeiten nur die „Chefs“: Andreas selber, Michaela seine Frau und die Söhne Matthias und Benjamin. Und zwar 365 Tage im Jahr“.

Für Solawi Erlangen Ernteteiler ist ein Einstieg bei der Solawi Walz jedes Jahr im Juli und August (zum Anfang des neuen Betriebsjahres) möglich. Aktuell (Juli 2020) können folgende Anteile von Erlangen aus bezogen werden:

More…Bratgockerl (8,50 €)

More…Hack (9 €)

More…Wurst (15 €)

More…Ur-Getreide (6 €)

Kontakt: Stefan Beßler

ehrenamtlicher Hofkoordinator i.V. für den Demeterhof Walz, SoLawi Nürnberg,Erlangen & Schäflohe

solawi.walz@gmail.com

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